Saturday, June 22, 2013

Regierung in Seoul ächtet häusliche Gewalt – Koreas Männer schlagen nicht mehr ungestraft zu


Im konservativen Korea gelten Schläge als probates Mittel, seinem Ärger Luft zu machen. Leidtragende sind Untergebene, vor allem aber Frauen. Jetzt hat Südkoreas Regierung genug vom archaischen Gebaren häuslicher Gewalt.



Koreaner mögen kein Schwarzbrot. Sie bevorzugen luftig weiches Toastbrot von der Sorte, die mit einer Hand zusammengedrückt werden kann. Es tat also überhaupt nicht weh, als mir ein Businessman an einem lauen Herbstabend in Seoul schwungvoll sein Brot auf den Kopf haute. Auch das handfeste Gerangel zwischen dem Mann meines Herzens und dem wütenden Betrunkenen war so schnell vorbei wie es angefangen hatte. Was hatte ihn so provoziert? Wir hatten seine unverständlichen Tiraden ignoriert und so griff er zu einem probaten Kommunikationsmittel der koreanischen Männerwelt: Gewalt.


Präsidentin Park: „Häusliche Gewalt ist Plage der Gesellschaft“


In Korea sind öffentlich ausgetragene Gewaltakte keine Seltenheit. Da reißen Vorgesetzte ihren Mitarbeitern die Hemdknöpfe in Ausübung ihrer Pflichten ab, Väter ohrfeigen ihre erwachsenen Söhne, Großväter verprügeln ihre Enkel auf offener Straße. Wie mag es da hinter verschlossenen Türen zugehen?


So schlimm anscheinend, dass Präsidentin Park häusliche Gewalt offiziell zu einer der vier Plagen der Gesellschaft erklärt hat. Während ihrer Amtsperiode will sie Sexualdelikte, Gewalt an Schulen sowie Junk Food ausrotten. Erster prominenter Fall wurde ihr Regierungssprecher, der sich während ihres U.S.-Besuchs an einer Praktikantin vergreifen wollte und von Park auf der Stelle gefeuert wurde.


Ehefrauen gelten als Besitz ihrer Männer


Doch es geht nicht um Fälle, die es ins Rampenlicht schaffen sondern um die zahlreichen Tragödien im vertrauten Umfeld. Umfragen zeigen, dass mehr als jede zweite koreanische Ehefrau unter häuslicher Gewalt leidet, Tendenz steigend. Unter den ausländischen Ehefrauen vermutet man eine noch höhere Dunkelziffer. Ehefrauen gelten im konservativen Korea noch allzu oft als Besitz ihrer Männer und so ist Gewalt in der Familie Privatsache unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das sehen die meisten Opfer auch so und wenden sich erst gar nicht an die Polizei. Bei der Hälfte aller Hilferufe rieten diese schlicht zum Dialog oder kamen oftmals gar nicht. Dies hat sich nun geändert. Seit Juni 2013 gelten Übergriffe an Frauen nicht mehr als Antragsdelikt sondern werden strafrechtlich verfolgt, auch wenn das Opfer seine Anzeige zurückzieht.



Koreanische Tradition: Oben schlägt unten


Opfer sind nicht allein Frauen sondern auch Kinder und rangniedrige Kollegen. Kurz: Oben schlägt unten. Und: Unten erduldet dies still. Allein mit dem tief verwurzelten Konfuzianismus, dem Respekt und unbedingten Gehorsam gegenüber Vater, Vorgesetzten oder Älteren lässt sich das nicht erklären. Laut Konfuzius braucht ein wahrer Herrscher keine Gewalt um zu herrschen. Stress ist sicherlich ein großer Faktor. In der Gesellschaft herrscht ein gewaltiger Druck um Leistung und Erfolg. Während Nachbarn China und Japan gerne indifferent wirken, leben viele Koreaner ihre Stimmung unverblümt aus. Die Scham um den guten Ruf des eigenen Umfelds verhindert, dass Betroffene sich wehren. Die wenigsten wagen es, als Nestbeschmutzer da zu stehen. Und da Koreaner sich als eine große Familie betrachten, beschmutzt man mit jeder Klage letztendlich alle. Genau das will Präsidentin Park nun knacken. Der Schutz der Schwachen muss nicht nur auf dem Papier garantiert sein sondern auch in den Köpfen ankommen. Junk Food kann sie meinetwegen gerne dulden. Weißbrot war für mich schon mal gar nicht so schlecht.


Link:


Regierung in Seoul ächtet häusliche Gewalt – Koreas Männer schlagen nicht mehr ungestraft zu






via Arne Ruhnau News http://arneruhnau.com/regierung-in-seoul-achtet-hausliche-gewalt-koreas-manner-schlagen-nicht-mehr-ungestraft-zu/

No comments:

Post a Comment