Saturday, June 22, 2013

David McAllister im Interview – „Türkei erfüllt Voraussetzung für EU-Beitritt nicht“


Der frühere CDU-Ministerpräsident von Niedersachsen wechselt in die Eruopapolitik. Mit FOCUS Online führte er sein erstes europapolitisches Interview – mit einer klaren Meinung zum EU-Beitritt der Türkei.


FOCUS Online:

Sie wollen aus der Landespolitik auf die europäische Ebene wechseln. Gleich zu Beginn die Frage: gehört die Türkei in die EU?


McAllister: Die EU und die Türkei sollten möglichst stark kooperieren und in außen- und sicherheitspolitischen Fragen strategisch zusammenarbeiten. Eine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei ist derzeit nicht vorstellbar, weil dieses Land die Voraussetzungen für einen Beitritt nicht erfüllt.


FOCUS Online: Was reizt Sie am Europaparlament mehr als eine Aufgabe in einer etwaigen neuen CDU-geführten Bundesregierung in Berlin?


McAllister: Sehr gerne wäre ich Niedersächsischer Ministerpräsident geblieben, aber der denkbar knappe Wahlausgang am 20. Januar war eben eine Zäsur. Ich habe lange überlegt und viele Gespräche geführt. Schließlich habe ich mich bewusst für Europa entschieden und damit nicht gegen Berlin. Der Europapolitik bin ich seit langem über meine vielen internationalen Kontakte verbunden. Als Ministerpräsident war ich zugleich Europaminister des Landes Niedersachsen. Viele Themen in Brüssel sind mir daher bekannt.


FOCUS Online: Verliert Europa angesichts der Krise nicht gerade massiv an Attraktivität?


McAllister: Die EU steht an einer entscheidenden Wegmarke. Als führende Industrie- und Exportnation geht es Deutschland auf Dauer nur gut, wenn es auch Europa gut geht. Europa ist für ein Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand unverzichtbar. Europa sollte gestärkt aus der Krise kommen. Damit der Euro eine starke und stabile Währung bleibt, sind weitere Anstrengungen und Reformen notwendig, vor allem in den Staaten, die Hilfe in Anspruch nehmen. Wir brauchen in ganz Europa eine solide Finanzpolitik, wirtschaftliches Wachstum durch Strukturreformen und mehr Investitionen in Bildung und Forschung. Darauf kommt es an. Rot-Grün dagegen setzt auf eine Vergemeinschaftung der Schulden und Eurobonds. Dies wäre der Weg in eine europäische Schuldenunion, in der deutsche Steuerzahler nahezu unbegrenzt für die Schulden anderer Länder einstehen müssten. Das lehne ich konsequent ab, denn das macht Europa unattraktiv.


FOCUS Online: Sind Sie denn zuversichtlich, dass das Interesse der Bevölkerung an Europa wächst?


McAllister: Die politische Debatte über die Zukunft Europas muss jetzt geführt werden – und zwar in ganz Europa. Europa sollte für die Menschen unmittelbar erlebbar und für ihr berufliches und privates Leben bereichernd sein. Das Erlernen von Fremdsprachen sowie Austauschprogramme für Jugendliche, Arbeitnehmer, Studenten und Forscher sind wichtig, um die europäischen Idee, die Gemeinschaftsidentität und das Verständnis füreinander zu stärken.


FOCUS Online: Wo liegen die größten Herausforderungen für Europa in der nächsten Legislaturperiode?



McAllister:
Die andauernde Staatsschuldenkrise und die weiter zunehmende Globalisierung stellen eine doppelte Herausforderung für Europa dar. Das Vertrauen in die Stabilität des Euro und in die Zukunft Europas insgesamt muss gestärkt werden. Dazu sind weitere Reformen und Anstrengungen auf dem Weg zu einer Stabilitätsunion erforderlich.


FOCUS Online: Was heißt das konkret?



McAllister: Wir brauchen eine wirksame europäische Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank für die großen, systemrelevanten Banken sowie Verfahren für die Abwicklung überschuldeter Banken. Die Zahlungen aus dem Euro-Rettungsschirm zum Umbau von Banken müssen von der Arbeitsfähigkeit der europäischen Bankenaufsicht abhängen. Ganz wichtig ist: Die Sparer müssen sich in jedem Land der EU auf ein funktionierendes Einlagensicherungssystem verlassen können. Dies wird über die vereinheitlichten Mindeststandards der nationalen Einlagensicherungssysteme gewährleistet. Eine europaweite Einlagensicherung wäre falsch, denn damit würde das Haftungsrisiko vergemeinschaftet. Deutsche Sparer müssten so für die Einlagen in anderen Ländern haften.


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David McAllister im Interview – „Türkei erfüllt Voraussetzung für EU-Beitritt nicht“






via Arne Ruhnau News http://arneruhnau.com/david-mcallister-im-interview-turkei-erfullt-voraussetzung-fur-eu-beitritt-nicht/

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