Thursday, August 29, 2013

Denkmalschutz-Debatte in Berlin – Rettet den Alexanderplatz! Rettet die Ostmoderne!


Soll der Alexanderplatz komplett umgebaut werden? Im Masterplan von 1993 war dies vorgesehen. Doch jetzt gibt es andere Pläne – denen FOCUS-Online-Experte Alexander Gutzmer durchaus Sympathien entgegenbringt.



Von der Band „Tangerine Dream“ existiert ein hervorragendes Musikstück. Es heißt, simpel, „Alexander Square“. Kühle, sphärische, zugleich aber auch etwas schwächlich hallende Elektrosounds artikulieren ein Gefühl von Verlorenheit. Es ist dieses Gefühl, das jeder kennt, der den Berliner Alexanderplatz besucht. Alles an ihm ist zu groß, die banalen Entertainment-Angebote auf dem Platz können in keiner Weise so etwas wie Stimmung, gar großstädtische Aura erzeugen.


Es ist von daher verständlich, dass der Masterplan von Hans Kollhoff aus dem Jahr 1993 vielen Beobachtern als gute Alternative erscheint. Denn großstädtische Stimmung hatten Kollhoff und die damalige Debatte ja versprochen. Auch momentan wird der Plan wieder hervorgezogen, da Berlin diskutiert, die ostdeutschen Vorzeigegebäude drumherum unter Denkmalschutz zu stellen: Das ebenso lange wie gesichtslose „Haus der Elektrotechnik“. Das frühere „Haus der Zeitung“. Den Hotelturm, der mal unter „Stadt Berlin“ firmierte. Aber auch das wunderbare „Haus des Lehrers“. Der Architekt Jan Kleihues, dessen Büro selber schon am Alex aktiv war, hat sich gerade in einem Meinungsbeitrag für die Architekturzeitschrift Baumeister gegen zu viel Denkmalschutz auf dem Platz ausgesprochen.


Alexanderplatz als Symbol für Ost-Berlin


Ich bin etwas anderer Meinung. Weil ich mich frage, was durch eine zu radikale Umgestaltung wirklich gewonnen wäre. Was mein Einstieg mit Tangerine Dream-Musik eben auch verdeutlicht, ist: Die Architektur am Alexanderplatz hatte einmal die Fähigkeit, Assoziationen zu erzeugen. Sie stand für etwas – und tut das letztlich auch noch heute. In ihr lässt sich (Ost-)Berlin lesen. Weil eben auch die vergangenen Träume, die urbanen wie gesellschaftlichen Utopien zu dieser Stadt gehören.


Das macht den Alexanderplatz nicht schön; und die architektonische Sprache, die sich in den Kunststoffelementen am endlos langen Elektrotechnik-Haus artikuliert, ist an Banalität natürlich kaum zu toppen. Aber hier sehen wir etwas, das uns die früher einmal bestehenden Visionen der DDR erklärt. Hier können wir erfühlen, was die DDR als Modell zumindest eine Zeit lang attraktiv machte. Wir verstehen hier auch die Ängste, welche die selbstbewusste Ost-Moderne im Westen einmal ausgelöst hat. Nein, diese Architektur und dieser Städtebau sind nicht schön oder „gelungen“, sondern dienen nur zum Erzeugen von Schaudern. Genau diese Schauder machen sie aber auch aussagekräftig.


Architektur muss Berlin repräsentieren


Zumal die Pläne von Hans Kollhoff dieses Potenzial nicht haben. Sie erzeugen keine Schauder. Sie erzeugen erst einmal gar nichts. Denn sie versuchen, die architektonische Sprache anderer Städte – Chicago, New York, vielleicht auch Moskau – auf Berlin zu übertragen. Das mag 1993 noch sinnvoll gewesen sein, weil Berlin damals kaum mehr war als ein vages Zukunftsprojekt. Heute aber ist es das nicht mehr. Die Stadt hat sich weiterentwickelt – und zwar weder ökonomisch noch kulturell in Richtung New York.



Anders als der Kommentator Rainer Haubrich in der „Welt“ meint, findet in der Hauptstadt auch kein breit angelegter und von einer realen städtischen Ökonomie getragener Immobilienboom statt. Die steigenden Preise Berliner Immobilien haben viel mit Spekulation zu tun, mit der Überraschung im Ausland über die absolut gesehen eben immer noch sehr günstigen Berliner Immobilienpreise. En gros ist Berlin aber kein Mekka großer Unternehmen, sondern eine semikapitalistische Kreativzone. Das ist, wie man in Berlin sagt, auch gut so. Dem sollte aber auch ihre Architektur Rechnung tragen.


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Denkmalschutz-Debatte in Berlin – Rettet den Alexanderplatz! Rettet die Ostmoderne!


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